29 Apr 10

Forum Junge Wissenschaft: Sprachkritik in der Schule

Organisation: Dr. Birte Arendt (Linguistik); Dr. Antje Becker (Psychologie); Janina Hamf, M.A. (Pädagogik); Jana Kiesendahl, M.A. (Linguistik); Susanne Kortas, M.A. (Pädagogik); Dipl.-Psych. Markus Krüger (Psychologie); Ute Schlusinke, M.A. (Linguistik)

Kontakt:

Dr. Birte Arendt/Jana Kiesendahl, M.A.
Institut für Deutsche Philologie
Rubenowstr. 3
17487 Greifswald
arendt(at)uni-greifswald.de

jana.kiesendahl(at)uni-greifswald.de

Was ist Sprachkritik? Tagtäglich nehmen wir kritische Äußerungen zur Sprachverwendung im eigenen Umfeld oder in den Medien wahr. Dazu gehören sowohl grammatische Korrekturen wie "Das heißt nicht wegen dem, sondern wegen des!" als auch explizite Wortgebrauchskritik an zumeist belasteten Wörtern wie z.B. "Endlösung". Sprachkritik folgt dem Prinzip der Ange­messenheit, welche stets im Kontext der Sprachverwendung zu bewerten ist. Mit anderen Worten: Wer Sprachkritik übt, kritisiert eine unange­mes­sene Sprachver­wen­dung. Die Unangemessenheit muss jed­och vor dem Hintergrund der Sprach­verwen­dungs­situation begründet werden. Insofern ist Sprachkritik in unserem Verständnis ein Instrument der Reflexion, das eine begründete Sprachbewertung erlaubt und möglicher­weise eine andere Sprachbewertung generiert als es in der alltäglichen Wahrnehmung häufig geschieht. Es geht also nicht um die Normierung von Sprachgebräuchen, son­dern um die Ausbildung von Sprach­bewusstsein und Sprachreflexion mit dem Ziel, Sprachkultur zu fördern. 

Warum gehört Sprachkritik an die Schule? Ziel des Sprachunterrichts ist die Sprachbeherrschung: Die Schule soll Schüler dazu befähigen, kommuni­ka­tive Probleme zu lösen. Die Sprachkritik kann dazu einen entscheidenden Bei­trag liefern. Heute werden SchülerInnen vor vielfältige kommunikative An­for­derungen gestellt. Ins­be­sondere erfordert die qualitative und quantitative Ausweitung der Kommu­nikationsformen - von Email über SMS bis hin zu ICQ mit ihren je eigenen Gebrauchs­normen - und der Umstand, dass die Interaktion in immer größerem Umfang digital vermittelt erfolgt, eine hohe sprachliche Kompetenz der Jugendlichen. Sich in dieser komplexen kommuni­ka­tiven Land­schaft zurechtzufinden, verlangt ein sensibles und kriti­sches Normbewusstsein, das erst erworben werden muss. Das entscheidende Kriterium der Bewertung ist die Angemessenheit. Diese komplexe Kategorie verschließt sich dem im normativen Unterricht propa­gier­ten bipolaren Schema von "richtig" und "falsch". Sie kann den SchülerInnen aber eine hilfreichere Orien­tierung liefern als einseitige Normen, denn die Standardsprache ist nicht in allen Kommunikationssitu­a­tio­nen angemessen.

Heutige Schulklassen bestehen vermehrt aus SchülerInnen mit ganz heterogenen Sprachbiografien, z.B. durch Migration, die zu unterschiedlichen Sprachkompetenzen führen. SchülerInnen aber auch Leh­re­rInnen werden infolgedessen mit sprachlichen Variationen konfrontiert, die in Sprachbe­wer­tungen bis hin zur sozialen Diskriminierung münden kön­nen. Aufklärende Sprachkritik kann die Bewertungsprozesse bewusstmachen und auf dieser Grundlage Sprach- und Sprechereinstellun­gen ändern. Die Aufgabe des Sprachunterrichts sehen wir in der Ausbildung eines Sprachbewusstseins mit dem Ziel, eine kritische Sprachkompetenz zu fördern. Wir plädieren für die Einübung von linguistisch be­gründeter Sprachreflexion jenseits von kontextlosem Differenzieren in falsches und richtiges Spre­chen.

Ziele der Konferenz sind: Objektivierbare Bewertungskriterien zusammenzustellen, schulfähige Analyseverfahren und Methodenkonzepte zu entwickeln, die schulische Sprachkritik an die Lernentwicklung bei Kindern und Jugendlichen anzupassen, Formen sprachlicher Kritik und des Umgangs mit ihr aufzuzeigen und (im Ansatz) didaktisch aufzube­rei­ten und zu üben. 

Eingeladen sind VertreterInnen der Bildungsinstitution Schule sowie WissenschaftlerInnen aus den Disziplinen Linguistik, Psychologie und Pädagogik/Bildungswissenschaften.

Programm

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Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg Greifswald

Donnerstag, 29. April 2010 um 00:00