Forum Junge Wissenschaft: Sprachkritik in der Schule
Organisation: Dr. Birte Arendt (Linguistik); Dr. Antje Becker (Psychologie); Janina Hamf, M.A. (Pädagogik); Jana Kiesendahl, M.A. (Linguistik); Susanne Kortas, M.A. (Pädagogik); Dipl.-Psych. Markus Krüger (Psychologie); Ute Schlusinke, M.A. (Linguistik)
Kontakt:
Dr. Birte Arendt/Jana Kiesendahl, M.A.
Institut für Deutsche Philologie
Rubenowstr. 3
17487 Greifswald
arendt(at)uni-greifswald.de
jana.kiesendahl(at)uni-greifswald.de
Was ist Sprachkritik? Tagtäglich nehmen wir kritische Äußerungen zur Sprachverwendung im eigenen Umfeld oder in den Medien wahr. Dazu gehören sowohl grammatische Korrekturen wie "Das heißt nicht wegen dem, sondern wegen des!" als auch explizite Wortgebrauchskritik an zumeist belasteten Wörtern wie z.B. "Endlösung". Sprachkritik folgt dem Prinzip der Angemessenheit, welche stets im Kontext der Sprachverwendung zu bewerten ist. Mit anderen Worten: Wer Sprachkritik übt, kritisiert eine unangemessene Sprachverwendung. Die Unangemessenheit muss jedoch vor dem Hintergrund der Sprachverwendungssituation begründet werden. Insofern ist Sprachkritik in unserem Verständnis ein Instrument der Reflexion, das eine begründete Sprachbewertung erlaubt und möglicherweise eine andere Sprachbewertung generiert als es in der alltäglichen Wahrnehmung häufig geschieht. Es geht also nicht um die Normierung von Sprachgebräuchen, sondern um die Ausbildung von Sprachbewusstsein und Sprachreflexion mit dem Ziel, Sprachkultur zu fördern.
Warum gehört Sprachkritik an die Schule? Ziel des Sprachunterrichts ist die Sprachbeherrschung: Die Schule soll Schüler dazu befähigen, kommunikative Probleme zu lösen. Die Sprachkritik kann dazu einen entscheidenden Beitrag liefern. Heute werden SchülerInnen vor vielfältige kommunikative Anforderungen gestellt. Insbesondere erfordert die qualitative und quantitative Ausweitung der Kommunikationsformen - von Email über SMS bis hin zu ICQ mit ihren je eigenen Gebrauchsnormen - und der Umstand, dass die Interaktion in immer größerem Umfang digital vermittelt erfolgt, eine hohe sprachliche Kompetenz der Jugendlichen. Sich in dieser komplexen kommunikativen Landschaft zurechtzufinden, verlangt ein sensibles und kritisches Normbewusstsein, das erst erworben werden muss. Das entscheidende Kriterium der Bewertung ist die Angemessenheit. Diese komplexe Kategorie verschließt sich dem im normativen Unterricht propagierten bipolaren Schema von "richtig" und "falsch". Sie kann den SchülerInnen aber eine hilfreichere Orientierung liefern als einseitige Normen, denn die Standardsprache ist nicht in allen Kommunikationssituationen angemessen.
Heutige Schulklassen bestehen vermehrt aus SchülerInnen mit ganz heterogenen Sprachbiografien, z.B. durch Migration, die zu unterschiedlichen Sprachkompetenzen führen. SchülerInnen aber auch LehrerInnen werden infolgedessen mit sprachlichen Variationen konfrontiert, die in Sprachbewertungen bis hin zur sozialen Diskriminierung münden können. Aufklärende Sprachkritik kann die Bewertungsprozesse bewusstmachen und auf dieser Grundlage Sprach- und Sprechereinstellungen ändern. Die Aufgabe des Sprachunterrichts sehen wir in der Ausbildung eines Sprachbewusstseins mit dem Ziel, eine kritische Sprachkompetenz zu fördern. Wir plädieren für die Einübung von linguistisch begründeter Sprachreflexion jenseits von kontextlosem Differenzieren in falsches und richtiges Sprechen.
Ziele der Konferenz sind: Objektivierbare Bewertungskriterien zusammenzustellen, schulfähige Analyseverfahren und Methodenkonzepte zu entwickeln, die schulische Sprachkritik an die Lernentwicklung bei Kindern und Jugendlichen anzupassen, Formen sprachlicher Kritik und des Umgangs mit ihr aufzuzeigen und (im Ansatz) didaktisch aufzubereiten und zu üben.
Eingeladen sind VertreterInnen der Bildungsinstitution Schule sowie WissenschaftlerInnen aus den Disziplinen Linguistik, Psychologie und Pädagogik/Bildungswissenschaften.
Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg Greifswald