PM 2/2016 „Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716)“ – Hamburger Akademievorlesungen im Februar-März 2016

 

Im Jahr 2016 wird der 370. Geburtstag und 300. Todestag des sächsischen Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz weltweit gewürdigt. Er wurde durch seine originelle Lösung des Leib-Seele-Problems (Monadologie) und der Theodizee in der Philosophie und Theologie berühmt. In dieser Vortragsreihe der Akademie der Wissenschaften in Hamburg soll es um weniger bekannte Seiten, aber bis heute aktuelle Forschungen des promovierten Juristen gehen. www.awhamburg.de

 

Zum Auftakt der Vorlesungsreihe am 4. Februar gibt Eberhard Knobloch, Professor für Geschichte der exakten Wissenschaften und der Technik an der Technischen Universität Berlin, einen Überblick über die Studien zur Versicherungs- und Finanzmathematik. Wie geht man mit Renten, Schulden und deren Tilgung um. Leibniz war ein zutiefst praktischer Philosoph, der sein juristisches Wissen und seine mathematische Kompetenz in den Dienst des Gemeinwohls (commune bonum) stellte. Er widmete sich Problemen, die damals wie heute von aktuellem Interesse waren und sind: Versicherungsschutz, Gerechtigkeit bei Geldgeschäften, Demographie, Altersversorgung und Staatsverschuldung. Der Vortrag „Finanzen und Versicherungen – Leibnizens mathematisches Modell des menschlichen Lebens“, stellt Leibnizens Lösungsvorschläge vor.

Nora Gädeke kommt aus der Mediävistik und ist seit 1988 Mitarbeiterin an der historisch-kritischen Leibniz-Ausgabe der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Hannover und zeigt am 11. Februar in „Praxis und Theorie: ein Blick in die Werkstatt des Historikers Leibniz“, wie sehr Leibniz die moderne Geschichtsforschung durch Quellenstudium geprägt hat. Leibniz ist als Historiker ein bekannter Unbekannter. Dabei galt der Historie jahrzehntelang sein dienstlicher Auftrag in Hannover, einer welfischen Hausgeschichte auf quellenkritischer Basis. Dieses neue Paradigma hat er nicht nur programmatisch vertreten; Korrespondenz und die gut erhaltene Arbeitsumgebung spiegeln die Praxis: die Sammlung und Kritik von Überlieferung, das „Werkzeug des Historikers“.

Horst Bredekamp ist Professor für Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Am 25. Februar geht es in der Vorlesung „Leibniz‘ Denkorgane: Leinwände, Körper, Exponate“ um Leibnizens objektbezogenes Denken, seine lebenslange Betonung der Wichtigkeit von Kunstkammern. "Die Monaden haben keine Fenster": dieses Diktum aus der "Monadologie" von Gottfried Wilhelm Leibniz hat ein angemessenes Verständnis seiner Philosophie über lange Zeit verstellt. Aus dem Zusammenhang gerissen, schien es zu bekräftigen, dass die Leibnizsche Weltsicht auf die Welt der Sinne verzichten könne. Damit wird jedoch ein Grundzug seines Denkens verstellt, der alles Körperliche nicht etwa zu transzendieren, sondern als Bedingung der Erkenntnis in Rechnung zu stellen versucht. In dieser Hinsicht kann Leibniz als einer der Vorläufer der Verkörperungsphilosophie gelten. Der Vortrag versucht, auf verschiedenen Feldern vorzustellen, wie der Kosmos der Artefakte für Leibniz als Bedingung aller Reflexion auftritt.

Thomas Sonar ist seit 1999 Professor für Technomathematik an der TU Braunschweig und Korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Im letzten Vortrag „Zum Prioritätsstreit zwischen Leibniz und Newton“, geht es um eine ausgewogene Beurteilung des berühmt-berüchtigten Prioritätsstreites zwischen Newton und Leibniz. Erneut ein hochaktuelles Thema angesichts spektakulärer Plagiatsvorwürfe gegenüber Politikern. Der Streit um die Priorität der Entdeckung der Differential- und Integralrechnung durch Newton und Leibniz ist mit einzigartiger Härte geführt worden. Wir verfolgen den langsamen Aufbau dieses Streits, an dem Newton und Leibniz zuerst gar nicht beteiligt waren. Erst Fatio de Duillier und John Keill in England gelang es, Newton gegen Leibniz aufzuhetzen; auf deutscher Seite bringt dies Johann Bernoulli fertig, der Leibniz von einem Plagiat durch Newton überzeugen kann. Der Streit hat weit über den Tod der beiden Kombattanten hinaus gewirkt.

Alle Veranstaltungen finden statt in den

Baseler Hof Sälen

Esplanade 15

20354 Hamburg

Rollstuhlgerechter Zugang über Esplanade 16

Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten unter www.awhamburg.de/veranstaltungen.

 

Termine, Themen, Referenten

Donnerstag, 4. Februar 2016, 19:00 Uhr

„Finanzen und Versicherungen – Leibnizens mathematisches Modell des menschlichen Lebens“

Prof. Dr. Prof. h. c. Eberhard Knobloch, Berlin

 

Donnerstag, 11. Februar 2016, 19:00 Uhr

„Praxis und Theorie: ein Blick in die Werkstatt des Historikers Leibniz“

Dr. Nora Gädeke, Hannover

 

Donnerstag, 25. Februar 2016, 19:00 Uhr

„Leibniz‘ Denkorgane: Leinwände, Körper, Exponate“

Prof. Dr. Horst Bredekamp, Berlin

 

Donnerstag, 3. März 2016, 19:00 Uhr

„Zum Prioritätsstreit zwischen Leibniz und Newton“

Prof. Dr. Thomas Sonar, Braunschweig

 

Presseanmeldung und weitere Informationen:

Catherine Andresen

Presse- & Öffentlichkeitsarbeit

Akademie der Wissenschaften in Hamburg

040/42 94 86 69–24

presse(at)awhamburg.de

www.awhamburg.de

 

Die Akademie

Der Akademie der Wissenschaften in Hamburg gehören herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Disziplinen aus dem norddeutschen Raum an. Sie trägt dazu bei, die Zusammenarbeit zwischen Fächern, Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Institutionen zu intensivieren. Sie fördert Forschungen zu gesellschaftlich bedeutenden Zukunftsfragen und wissenschaftlichen Grundlagenproblemen und macht es sich zur besonderen Aufgabe, Impulse für den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu setzen. Die Grundausstattung der Akademie wird finanziert von der Freien und Hansestadt Hamburg. Präsident der Akademie ist Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. E.h. Edwin J. Kreuzer. Die Akademie der Wissenschaften in Hamburg ist Mitglied in der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.