Das klassische Tamilisch gehört zu den großen literarischen Traditionen der Menschheit. Sie ist etwa zweitausend Jahre alt und bisher wenig erforscht oder übersetzt. Das überlieferte Textkorpus umfasst Dichtungen, Epen und eine wissenschaftliche Tradition, die größtenteils auf den sprachorientierten Disziplinen basiert, einschließlich des Bereichs der Lexikographie. Aufgrund einer ausgeprägten Differenz zwischen literarischer Sprache und Alltagssprache musste die frühe Literatur, begleitet von starker dialektaler Variation, um Kommentare ergänzt werden.
Ziel des neuen Langzeitforschungsvorhabens ist die Erstellung eines elektronischen Korpus der wichtigsten Texte des ersten Jahrtausends, das auf umfangreichen Vorarbeiten in Form von kritischen Ausgaben, Übersetzungen und Digitalisaten basiert. Zunächst werden Korpuswörterbücher (Konkordanzen aller Vorkommen und Herleitungsformen) entstehen. Sie bilden die Grundlage für ein zweisprachiges historisches Lexikon. Jeder Eintrag soll einerseits die semantische Entwicklung, andererseits die poetische Vieldeutigkeit von Wörtern veranschaulichen. Auch die phonetische Einheit von Wörtern mit verschiedenen Bedeutungen ist in dem Lexikon nachzuschlagen. Die Zitate werden sowohl für die Texte als auch für die Kommentare in das elektronische Korpus zurückverlinkt, Querverweise ermöglichen den Zugriff auf frühere gedruckte Wörterbücher.
Die Forschungsarbeit mündet in ein interaktives Online-Tool. Dieses digitale Angebot ermöglicht eine direkte Auseinandersetzung mit den Ausgangstexten, den exegetischen Materialien und dem lexikografischen Werk beziehungsweise den lexikografischen Werken. Tamilex-Projektleiterin ist Prof. Dr. Eva Wilden von der Universität Hamburg. Sie ist die aktuell einzige Professorin für Klassisches Tamil in Europa. Eva Wilden ist seit 2019 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und Sprecherin der Arbeitsgruppe „Philologie und Textkritik“.