Die Jury begründet ihre Auswahl mit der herausragenden Aufarbeitung des rechtlichen Phänomens und der Aktualität und gesellschaftlichen Relevanz des Themas. Felix Aiwanger liefere eine tiefgehende Analyse, die in dieser Form erstmals vorliegt. Bemerkenswert sei die Fähigkeit des Autors, juristische Inhalte so klar und interdisziplinär aufzubereiten, dass sie ein breites, nichtjuristisches Publikum ansprechen. Die Ausschussmitglieder lobten insbesondere die außergewöhnliche und mutige Gestaltungsform der Arbeit. Durch eine literarische Metaebene werde der komplexe Inhalt zusätzlich verständlich und zugänglich gemacht.
Seine Dissertation „Jenseits der Haftung – Analyse und Kritik selbstgesetzten Vermögensschutzes“ analysiert erstmalig das rechtliche Phänomen der Asset Protection – der eigenmächtigen Abschottung des Privatvermögens gegen Haftungszugriffe. Hierbei konzentriert er sich auf Regelungen von 43 Offshore-Staaten und 24 US-amerikanischen Bundesstaaten, die rechtsvergleichend systematisiert werden. Um das rechtliche Vorgehen zu kontextualisieren, greift die Untersuchung auf soziologische, ökonomische, psychologische und historische Erkenntnisse zurück. Der Text bietet die Möglichkeit an verschiedenen Stellen einzusteigen, sich auf bestimmte Kapitel zu konzentrieren und auch aus fachfremder Perspektive einen Zugang zu dem für den öffentlichen Diskurs relevanten Thema zu finden.
Um sich mit der Thematik vertraut zu machen, absolvierte Felix Aiwanger einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt in der Kanzlei Martin Kenney & Co. Solicitors auf den Britischen Jungferninseln. Diese gilt als eine der weltweit führenden Kanzleien im Bereich der Aufdeckung verschleierter Vermögen. Die Arbeit wurde bereits mit dem Lieselotte-Pongratz-Promotionspreis der Studienstiftung des deutschen Volkes sowie dem Fakultätspreis der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München ausgezeichnet.
Dr. Felix Aiwanger, geboren 1992, beschäftigt sich vorrangig mit dem Personen- und Familienrecht aus vergleichender und interdisziplinärer Perspektive, dem Status von Tieren im Recht, dem internationalen Privatrecht, dem Stiftungs- und Trustrecht, insbesondere der Offshore-Staaten, und der Rechtsdidaktik.
Er studierte Rechtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er nach seinem Rechtsreferendariat als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Professor Anatol Dutta am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung forschte. Zuvor führten ihn seine Forschungsinteressen unter anderem an das International Institute for the Unification of Private Law (UNIDROIT) in Rom und zur Kanzlei Martin Kenney & Co. Solicitors auf den Britischen Jungferninseln. Sowohl während des Studiums als auch während der Promotion erhielt er ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes. Seit Januar 2024 ist er wissenschaftlicher Referent und Habilitand bei Professorin Anne Röthel am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg.
Zum Elise-Reimarus-Preis
Der Elise-Reimarus-Preis richtet sich an promovierte norddeutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zum Zeitpunkt der Bewerbung noch nicht auf eine unbefristete Professur berufen sind. Die Akademie der Wissenschaften in Hamburg fördert mit dem Elise-Reimarus-Preis seit 2021 jährlich exzellente Monografien aus allen thematischen Bereichen der Geistes- und Sozialwissenschaften. Dank einer großzügigen Spende des verstorbenen Akademiemitglieds Prof. Dr. Peter E. Toschek kann die Akademie den Elise-Reimarus-Preis jährlich vergeben. In diesem Jahr beriet der Akademie-Ausschuss für Nachwuchspreise als Auswahljury des Elise-Reimarus-Preises über 16 Bewerbungen.
Die Akademie der Wissenschaften in Hamburg widmet den Preis der Hamburger Schriftstellerin, Pädagogin, Übersetzerin und Philosophin Elise Reimarus (1735-1805). Sie gilt als eine der wichtigsten Vertreterinnen der Aufklärung in Deutschland. Mit dem Elise-Reimarus-Preis wird diese wichtige Persönlichkeit der Hamburger Stadtgeschichte gewürdigt.