„Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Das können ganz unterschiedliche Erreger sein. Auch Resistenzen. Und da ist es einfach wichtig, dass wir eine breite Basis von Wissen haben, auf die wir dann im Notfall schnell zurückgreifen können.“ Barbara Bröker plädiert für Grundlagenforschung: Als Infektionsimmunologin weiß sie besonders gut, wie wichtig es ist, über ein möglichst breites Spektrum an Therapie-Möglichkeiten zu verfügen, um erkrankten Menschen helfen zu können.
Das weltweite Auftreten von Antibiotika-Resistenzen gehört nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den größten Gefahren für die menschliche Gesundheit. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sterben (Stand 2022) jährlich rund 1,3 Millionen Menschen aufgrund antimikrobieller Resistenzen. Verantwortlich für diese Situation ist zum einen der nicht sachgerechte Einsatz von Antibiotika und zum anderen der Selektionsdruck der Krankheitserreger untereinander: Oft schon wenige Jahre nach Einführung eines neuen Antibiotikums setzen sich Bakterien durch, die gegen das Medikament resistent sind.
Nur auf das Werkzeug „Antibiotikum“ zu setzen ist also keine Lösung. Für Barbara Bröker lautet die Konsequenz: „Wir müssen unseren Werkzeugkasten gegen Infektionserreger ständig erweitern. Und da ist in der Vergangenheit einiges versäumt worden: Einerseits entwickeln die Bakterien Resistenzen oder resistente Bakterien breiten sich aus, andererseits hat die pharmazeutische Industrie wenig in der Pipeline. Und das Wenige, das sie dahaben, bedient ähnliche Wirkmechanismen wie die bereits vorhandenen Antibiotika. Da klafft also eine riesige Lücke. Das weiß man seit Langem. Und in der Tagung sollte es eben darum gehen, was könnte man machen, um diese Lücke zu schließen.“
Im Gespräch berichtet Bröker vom Austausch auf der Fachtagung im Februar 2023. Im Mittelpunkt stand laufende Grundlagenforschung: Neben der Prävention und der Diagnostik von Infektionskrankheiten lag der Schwerpunkt der Tagung auf Forschung zu Therapien. So arbeitet der Hamburger Chemie-Professor Chris Meier mit seinem Team an antiviralen Substanzen. Barbara Bröker erzählt auch vom Potenzial der Myxobakterien, zu denen Leibniz-Preisträger Rolf Müller am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) forscht. Zentral sind ebenso wirtsorientierte Therapiestrategien, die den Organismus von Menschen stärken - etwa durch die Gabe von Cholesterol, um sehr schwere Infektionen zu überstehen.
Prof. Dr. Barbara Bröker ist Professorin für Infektionsimmunologie an der Universitätsmedizin Greifswald. Sie leitet dort das Institut für Immunologie. Seit 2018 ist sie Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg und engagiert sich in der Arbeitsgruppe „Infektionsforschung und Gesellschaft“.
Zur Talk Fassung „Innovative Strategien im Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen und neue Infektionserreger.“
Schlaglicht „Wenn Antibiotika & Co. Nicht mehr wirken – welche anderen Therapien könnte es bei Infektionen geben?“
Der Podcast „Wissenschaft als Kompass“ ist online auf der Website der Akademie zu hören: https://www.awhamburg.de/mediathek/podcasts.html
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Durch den Podcast führt Dagmar Penzlin. Die langjährige Radiojournalistin ist Referentin für Kommunikation an der Akademie der Wissenschaften in Hamburg.